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HÄNSEL UND GRETEL

Engelbert Humperdinck

Inszenierung | Licht Sebastian Ritschel
Musikalische Leitung Andrea Sanguineti
Ausstattung Barbara Blaschke | Video: Steffen Cieplik
Dramaturgie Ronny Scholz
Choreinstudierung Katrin Schellenberg, Manuel Pujol
 
Premiere 15. November 2014 | GHT Görlitz

Besetzung

Hänsel Christel Loetzsch
Gretel Cristina Piccardi
Die Knusperhexe Bernd Könnes
Vater Ji-Su Park
Mutter Patricia Bänsch
Sandmännchen | Taumännchen Laura Scherwitzl
  Kinderchor der Grundschule Schöpstal
  Neue Lausitzer Philharmonie

Trailer | HÄNSEL UND GRETEL

Rezensionen

Jens Daniel Schubert - Sächsische Zeitung

...zum Fressen gern! HÄNSEL UND GRETEL auf dem Teller

Das Musiktheater in Görlitz entdeckt neue Seiten an einem alten Märchen

Den Reigen der vorweihnachtlichen Familieninszenierungen bereichert nun das Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz mit „Hänsel und Gretel“. Die beliebte Märchenoper wurde in heutiger, überhöhter Optik, mit nachdenkenswertem Subtext gespielt, blieb dabei aber unterhaltsames, fantasieanregendes Märchen und große Oper auf beachtlichem Niveau. […] 

Humperdinck, seine textdichtende Schwester Wette und die Kinder: Das ist so eine Sache. Manche Textpassage ist für heutiges Verständnis vom Kindsein nur schwer zu ertragen. Und Humperdincks Musik hat sich vom schlichten Singspiel zur ausgewachsenen großen Oper gemausert. Schon die reiche Ouvertüre, gerade wenn sie gut interpretiert wird, lässt jedes Musikliebhabers Herz höher schlagen. Um Kinder bei der Stange zu halten, sollte was passieren.

Das Inszenierungsteam um Regisseur Sebastian Ritschel und Ausstatterin Barbara Blaschke entschied sich für einen Film. Steffen Cieplik hat ein Video produziert, das im zweiten Teil der Ouvertüre auf den Zwischenvorhang projiziert wird. Der Teller ist leer, wird hier gezeigt. Dann, was so alles Leckeres oder auch weniger Beliebtes auf den Tellern zu finden ist, wie es verputzt wird und was übrig bleibt. Das geht flott, das ist witzig, das hat aber mit der Ouvertüre und erst recht mit dem Märchen scheinbar wenig zu tun. Doch Ritschel, der gern scheinbare Nebengedanken in großen Bildern aufrollt, weiß genau, was man wie zeigen kann. Und „der Teller ist leer“, oder wie es bei dem „Brot für die Welt“-Plakat heißt „Weniger ist leer“, zieht sich durch den ganzen Abend. Da ist die „Besenbinderstube“, in der Hänsel und Gretel sich singend und tobend vom eigenen Hunger ablenken, ein überdimensionierter, zerbrochener Teller. Der „Besen“ ist folgerichtig ein riesiger Schneebesenaufsatz einer Küchenmaschine. Im Traumbild kommt erst ein Kind, dann mehrere, schließlich eine fast nicht zu überblickende Kinderschar mit leeren Tellern auf die Bühne, bis ihnen der Sandmann einen Weihnachtsbaum rotbackiger Äpfel herbeizaubert. Und selbst im Hexenbild – einem riesigen bunten Teller voll überdimensionaler, schaumstoffweicher und bonbonbunter Süßigkeiten – spielt der leere Teller eine wichtige Rolle. 

Barbara Blaschkes Ausstattung hat also keine beschauliche Stube, keinen realistischen Märchenwald, kein duftendes Lebkuchenhaus. In den Kostümen bleibt sie, bis auf die drastisch überhöhte Hexe und die dunkelbemantelten Eltern, im schlicht-zeitlosen Märchenstil. Dennoch funktioniert das Märchen. Auch, weil Ritschel die Figuren genau geführt hat: die wohlerzogene Gretel und der hyperaktive Hänsel, die strengen, wohlgeordneten Eltern, die lustvoll-hemmungslose Hexe. Er gibt ihnen nachvollziehbare Differenzierungen und legt sie vielschichtig, widerspruchsvoll und gerade darin menschlich nachvollziehbar an. […] 

Riesenjubel zur Premiere.